Jubiläum
Im Jahr 2023 feiern wir 90 Jahre PGB.
Lesen Sie hier die Jubiläumsschrift.
Einführung
Begrüssung durch Eva Fischer-Zehnder, Präsidentin der PGB
Die Psychologische Gesellschaft Basel feiert Geburtstag. Sie ist 90 Jahre alt geworden. Gegründet wurde die PGB am 20. Februar 1933 unter dem Namen „Psychologischer Club Basel“ von Frau Dr. Schmid-Guisan und Herrn Dr. med. Kurt von Sury. Zielsetzung war das Studium psychologischer Fragen. In der Folge entstanden im Ausland weitere Vereinigungen, die die gleichen Ziele verfolgten, z.Bsp. in London, Paris, Los Angeles usw. Enge Beziehungen bestanden und bestehen zum Psychologischen Club Zürich, dem ersten seiner Art, und – seit dessen Gründung – zum C.G.Jung-Institut Zürich und dem später gegründeten ISAP sowie zu allen weiteren deutschsprachigen Jung-Gesellschaften. Wir treffen uns jährlich zum Austausch. 2023 in Basel.
Wir sind glücklich, mit Ihnen allen diesen speziellen Tag an einem speziellen Ort und mit einem speziellen Programm begehen zu dürfen.
Wir hören einen Vortrag von Herrn Prof. Dr. Amador Vega, der eigens aus Barcelona angereist ist. Viele kennen ihn bereits von seinem Vortrag vor zwei Jahren, „Mystische Finsternis: aesthetisch-religiöse Überlegungen“. Heute spricht er über „Der leere Archetyp: auf der Suche nach Jungs Mystikern“. Prof. Dr. Amador Vega studierte an der Universität Barcelona Philosophie und erwarb seinen PhD an der Universität Freiburg i.Br. Er ist Professor für Teorias estéticas de las Artes (Aesthetik- und Kunsttheorie) an der Universität Pompeu Fabra, Barcelona. Ausserdem hielt er Lesungen an den Universitäten von Chicago, Saint-Joseph in Beirut sowie an der Karlsruher Universität für Kunst und Design. Seit 2014 arbeitet er als Referent für das C.G.Jung-Institut in Zürich. Er hat viele Bücher publiziert, z.B. über die Kunst des 20. Jahrhunderts, negative Aesthetik, Mystizismus, religiöse Gedanken und über Menschen wie Rainer Maria Rilke, Mark Rothko, Raimundus Lullus und Meister Eckhart. Er gilt als grosser Spezialist in seinem Gebiet.
Begleitet, oder besser gesagt umrahmt werden seine Ausführungen durch die Musikerin Hanna Marti, die sich auf die Musik des Mittelalters und das Vertonen alter Texte spezialisiert hat. Sie schloss 2015 ihre Gesangsausbildung an der Schola Cantorum Basiliensis mit dem Masterdiplom ab. Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit ist die Re-Kreation und Re-Konstruktion von alten Liedern, Texten und Geschichten, die oft ohne Melodien und/oder in fragmentarischer Form überliefert sind. Sie findet Inspiration in jenem facettenreichen Bereich zwischen historisch informiertem Musizieren und neuer Komposition, wobei sie in ihrem Schaffen Methoden anwendet, die für mündlich überlieferte Musiktraditionen typisch sind. In ihrer Musik verbindet Hanna Marti ihre Liebe zu alten Sprachen mit ihrer eigenen musikalischen Imagination, die stark von mittelalterlichen Modi beeinflusst ist. Indem sie sich den Kontext des verstummten Liedes vorstellt, möchte sie es wieder zum Klingen bringen und ihrem Publikum dessen anhaltende Relevanz für heutiges menschliches Erfahren und Erleben vermitteln.
Hanna Marti und Prof. Dr. Amador Vega sind miteinander in Kontakt getreten und haben sich „abgesprochen“. Sie wollten zusammen unserem Abend einen Inhalt geben, der sowohl zu C.G.Jung und seinem Werk als auch zum Museum Kleines Klingental passt. Es sollte ein Abend der – heute würde man sagen – Corporate Identity werden. Auch der anschliessende Apéro wurde von uns dazu passend gewählt.
Das Museum Kleines Klingental bot sich förmlich als Ort der Feier an, denn C.G.Jung kannte es sehr gut. Auf seinem Schulweg von Kleinhüningen zum Münsterplatz ging er hier täglich vorbei. Es gab noch keine Strassenbahn, und der kleine Carl Gustav musste bei Wind und Wetter die 3,5 km zu Fuss zurücklegen. Es handelt sich um die Zeit zwischen 1885 und 1895. Für diesen langen Weg brauchte er durchschnittlich 45 Minuten. So lange Fussmärsche zur Schule waren für Kinder damals nicht unüblich. In anderen Kulturen müssen Kinder immer noch enorm lange Wege zu Fuss zurücklegen, um Bildung zu erlangen. Wie sein Schuhwerk aussah, können wir uns heute wohl kaum vorstellen. Jedenfalls beklagte er nasse Füsse und Strümpfe. Solche Bedingungen härten ab. Nach der Wegstrecke dem Rhein entlang ging C.G. Jung über die Mittlere Brücke, die damals auf der Kleinbasler Seite, wo wir uns jetzt befinden, noch aus Holz war. Auf der Grossbasler Seite war sie aus Stein, und der Ankömmling wurde vom Lällekönig mit der ausgestreckten Zunge begrüsst, ein Zeichen der Verachtung der Grossbasler den Kleinbaslern, den minderen Baslern, gegenüber. Das Gymnasium auf dem Münsterplatz beherbergte die reichsten und privilegiertesten Kinder der Stadt. Carl Gustav erhielt ein Stipendium für seine gymnasiale Ausbildung, was ihn in Verlegenheit brachte. Sein Vater war zwar Akademiker, Theologe, aber ein schlecht verdienender. In seinen Memoiren lesen wir: „ich wurde […] bewusst, wie arm wir waren, dass mein Vater ein armer Landpfarrer war und ich ein noch ärmerer Pfarrerssohn, der Löcher in den Schuhen hatte und sechs Stunden lang mit nassen Socken in der Schule sitzen musste.“
Das Kleine Klingental war im Mittelalter ein Frauenkloster. Gegründet wurde es 1274 von zwölf Dominikanerinnen, die aus dem Elsass nach Basel gekommen waren. Benannt ist es nach seinem Gönner, dem Ritter und Minnesänger Walther von Klingen aus dem thurgauischen Adelsgeschlecht mit Stammsitz auf der Burg Altenklingen. Seine Eltern hatten bereits das Schloss Klingnau und das aargauische Städtchen Klingnau gegründet.
In jener Zeit hatte sich Kleinbasel dank des Baues der Rheinbrücke 1225 zu einem prosperierenden Stadtteil entwickelt, in dem sich viele Handwerker und Gewerbetreibende niederliessen. Das schien wohl auch die Klöster anzuziehen. Das Kleine Klingental, das heutige Museumsgebäude, ist der Gründungsbau des Klosters. Dieser wurde an die Stadtmauer angebaut und beinhaltete alle für das Gemeinschaftsleben notwendigen Räumlichkeiten wie Kapelle, Versammlungsräume, Schlafsaal, Speisesaal und Küche. Vom Kleinen Klingental aus leiteten und koordinierten die Nonnen den Bau des Grossen Klingentals, das zum grössten und vornehmsten von zehn Basler Klöstern werden sollte. In den besten Zeiten lebten dort 52 Nonnen im Konvent. Im Zuge der Reformation 1557 wurde das Kloster aufgehoben und danach für Lager- und Gewerbezwecke und als Truppenunterkunft genutzt. In den Zwischenböden fanden auch reformierte Gottesdienste statt. Als die Burbakiarmee 1871 in der Schweiz Schutz suchte, fanden hier viele französische Soldaten ein Dach über dem Kopf. 1860 mussten die Wohngebäude jenseits der Kirche dem Neubau der Kaserne weichen. Seither erinnert nur noch das Kleine Klingental mit seinen erhaltenen historischen Interieurs sowie das Äussere des Kirchenchors an die Existenz des Klosters. Heute beherbergt das Kleine Klingental als Stadt- und Münstermuseum die Sammlung originaler Skulpturen des Basler Münsters, die am Münster selbst bei Restaurierungen durch Kopien ersetzt wurden, sowie Sammlungsbestände des Historischen Museums und der evangelisch-reformierten Kirche. Hier ist auch der Sitz der Kantonalen Denkmalpflege.
Das Kloster nahm viele begüterte Töchter und Witwen auf und kam dadurch in den Besitz von Liegenschaften und Ländereien in Basel, im Elsass und im Breisgau. Die Familie Walters von Klingen blieb dem Kloster treu, und auch Rudolf von Habsburg machte Schenkungen. Zur Verwaltung und zur Versorgung des Klosters wurden neben einem Verwalter und einem Zinsmeister Laienbrüder und -schwestern sowie Handwerker eingesetzt. Die Hauptaufgabe des Konvents bestand im Pflegen des Totenkultes, d.h. im Abhalten von Seelenmessen für die im Kloster bestatteten Toten, und – wegen der Aufnahme von Mädchen im Kindesalter – im Erziehungswesen.
Man kann sich das Leben im Kloster Klingental ruhig vorstellen. So war es aber durchaus nicht immer. Immer wieder wurden die Klingentalerinnen Zeuginnen von Todesstrafen, die auf der Mittleren Brücke bei der kleinen Kapelle – dem Käppeli Joch – vollstreckt wurden. Zum Tode verurteilte Prostituierte, der Hexerei beschuldigte Frauen und auch Wiedertäufer wurden dort von der Brücke in den Rhein gestossen und so dem sicheren Tode übergeben. Die Legende erzählt, dass die Klosterfrauen hin und wieder einen solchen dem Tode Geweihten ans Land ziehen konnten. Andere trieben weiter hinunter bis zum St. Johanns-Tor und wurden dort geborgen. Das Mittelalter war bekanntlich eine raue Zeit. Wer der Hexerei oder Prostitution beschuldigt wurde, und sei dies nur durch Verleumdung durch übelwollende Nachbarn, hatte wohl kaum eine Chance.
Mit der Zeit begannen die Klosterfrauen ihr Leben zu sehr zu geniessen. Die Regeln der Askese wurden nicht mehr straff befolgt, man lebte behaglicher, in schöner Kleidung und ass wohl auch besser. Das missfiel den Mönchen des Predigerklosters auf der Grossbasler Rheinseite, welche die Oberhoheit über die Klingentalerinnen hatten. Die Legende spricht zwar von einem unterirdischen Gang, der die beiden Klöster verband, d.h. guten freundschaftlichen Beziehungen. Trotzdem beschlossen die Prediger eine Klosterreformierung wegen zunehmendem Verfall der Klosterzucht. Als Reaktion sagten sich die Klosterfrauen von den Predigern los und liessen sich direkt dem Bischof von Konstanz unterstellen, zu dessen Bistum Kleinbasel gehörte. 1477 gelang es aber den Predigern, mit Hilfe eines Dekrets des Papstes, die geistliche Leitung über das Klingental-Kloster wiederzuerlangen und 13 Reformschwestern aus dem elsässischen Kloster Engelporten einzusetzen. Die widerspenstigen, rebellischen Nonnen wurden gefangengenommen, bis der Papst sich umstimmen liess, die Prediger ihres Amtes enthob und die Reformschwestern wegschickte. Die Klingentalerinnen konnten ihr Kloster wieder in Besitz nehmen. Es wurde jetzt von einer Äbtissin geleitet, war direkt dem Papst unterstellt und folgte den Regeln der Augustiner-Chorherren. Auch im vermeintlich beschaulichen Leben von Klosterfrauen fanden offenbar Politik und entsprechende Kämpfe statt.
Mit der Reformation begann die Auflösung des Klosters. Seit 1524 empfahl der Basler Rat den Klingentalerinnen den Austritt, worauf sich 14 Frauen ihren Besitz auszahlen liessen und aus der Ordensgemeinschaft ausschieden. Einige blieben bis zu ihrem Tode. Erst nach dem Tod der letzten Äbtissin Walpurga von Runs 1557 konnte der Basler Rat das Klingental übernehmen.
Die Kirche war bereits im 16. Jh. zweckentfremdet worden, Kreuzgang und Konventsgebäude fielen 1860 dem Bau der neuen Kaserne zum Opfer, während das Kleine Klingental verschiedenen Zwecken diente: Schule, Spital, Kaserne. Als der kleine Carl Gustav auf seinem Schulweg daran vorbeiging, war es wohl Unterkunft für Soldaten. Seit seiner Restaurierung ist es, wie bereits erwähnt, Museum und Sitz der Basler Denkmalpflege.
Ich hoffe, Sie sind nun im Geiste ein wenig ins Mittelalter getaucht und daher eingestimmt auf die Musik von Hanna Marti und das Referat von Prof. Dr. Amador Vega.
Ich wünsche Ihnen dazu viel Vergnügen.
Inhalt
Liebesbrief an die PGB
Erinnerung und Dankbarkeit
Grussworte
Psychologische Betrachtung
Geschichte der PGB
Ausflüge
Fasnachts-Vers
Digitalisierung
Vortrag Prof. Dr Amador Vega
Der aktuelle Vorstand der PGB
Eva Fischer-Zehnder, Präsidentin
Ana-Maria Barz
Brigitte Meier
Doris Reust
Viola Scheller